ABOWI fragt Rechtsanwalt Ralph Ertner aus Kapstadt, Südafrika

Ralph Michael Ertner, deutscher Rechtsanwalt, lebt und arbeitet in Südafrika als Jurist, Berater und Unternehmer. ABOWI fragt nach: Ein Interview über Globalisierung, südafrikanische Wirtschaft, kulturelle Verschiedenheiten und Tipps für Jura Studierende.

Die Südspitze des afrikanischen Kontinents ist eines der vielseitigsten Länder der Welt und trägt den Spitznamen ‚Regenbogennation‘. Neben der faszinierenden Natur, die Menschen der ganzen Welt anzieht, besitzt Südafrika eine diverse Kulturlandschaft, die auch heute noch mit Schatten der Apartheit ringt. Auf dem afrikanischen Kontinent zählt Südafrika als einziges Land zu den G20 Wirtschaftsmächten.

ABOWI – Across Borders with Information – sucht 197 Rechtsanwälte*innen aus 197 Ländern dieser Welt. Stellt Fragen über persönliche Erfahrungen als Juristen*innen, Kulturunterschiede, Digitalisierung und Globalisierung. Das Projekt entwickelte sich aus meiner Neugier über den Tellerrand der deutschen Gesetzbücher während der Pandemie zu schauen. Weltweit berichten Juristen*innen in unserer Interviewreihe von ihren Erfahrungen, Tipps und Tricks, die jeden im Jura Studium hilfreich sein können.

Josefine Antonia Schulte: Bitte stellen Sie sich kurz vor, wie ist Ihr Name, woher kommen Sie und wie lange üben Sie schon den Anwaltsberuf aus?

Ralph Michael Ertner - Rechtsanwalt SüdafrikaRechtsanwalt Ralph M Ertner: Mein Name ist Ralph Michael Ertner, geboren in Berlin. Ich besitze beide deutschen juristischen Staatsexamen und einen südafrikanischen Master of Law und übe die Anwaltstätigkeit seit 1992 aus, zunächst in Berlin, dann in München, danach Kapstadt (Südafrika) und jetzt in Pretoria (Südafrika). Ich habe 1995 das Unternehmen Into SA gegründet, dass sich mit der rechtlichen Beratung von internationalen Großunternehmen bei der Ansiedlung im südlichen Afrika oder bei der Einführung von Zweigstellen oder Marken in Afrika beschäftigt.

Als Verfasser von 8 Büchern, 12 Jahresreports und 3 Handbüchern über die rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Investitionsbedingungen im südlichen Afrika, habe ich mich in das Thema sehr eingearbeitet.

Seit 1998 gehöre ich sowohl als Rotarier und Gründer von zwei Rotary Clubs sowie ehemaliger Präsident von mehreren Rotary Clubs in Südafrika, Gründer der Spanisch-Südafrikanischen Handelskammer und ehemaliger Direktor der Deutschen sowie der Österreichischen Handelskammern in Südafrika, an.

Derzeit bin ich Counsillor der Johannesburger Handelskammer und Ausschussvorsitzender des SAUBC, der Kammer für Kammern, zur Neuordnung der politischen Rechtsstrukturen in Südafrika.

Josefine Antonia Schulte: Was hat Sie dazu bewogen, Anwalt zu werden?

ABOWI - Across Borders With InformationRechtsanwalt Ralph M Ertner: Ich habe zuvor eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht und im Zuge dessen betraf ein Teil die rechtlichen Grundlagen, Gesetze und Verordnungen. Mein Faszination war entfacht für ein Gebiet in dem Texte wie Anleitungen das Leben von Menschen regeln und bestimmen, daher habe ich diesen Weg eingeschlagen.

Josefine Antonia Schulte: Was ist Ihr Schwerpunkt im Recht?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Meine Schwerpunkte sind Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht, BEE (Black Econmic Empowerment), Lizenz und Markenrecht sowie das öffentliche Verwaltungsrecht.

Josefine Antonia Schulte: Wie schätzen Sie die gesellschaftliche Anerkennung einer juristischen Karriere in Deutschland ein?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Meiner Erinnerung nach sind Anwälte in Deutschland deutlich höher anerkannt als in Südafrika. Hier gibt es eine vergleichbare hohe Anerkennung nur für die Advokaten, die Anwälte, die beim Höchsten Gericht zugelassen sind.

Josefine Antonia Schulte: Mit welchen Herausforderungen sind Sie als Anwalt jeden Tag konfrontiert?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Überwiegend mit den Unzulänglichkeiten und Fehlentscheidungen der südafrikanischen Behörden sowie einer nicht durchdachten Politik und mit den hoch-volatilen Kennzahlen der Wirtschaft.

Josefine Antonia Schulte: Sie sind ein lokaler Anwalt, aber gleichzeitig leben Sie in einer globalisierten Welt. Wie funktioniert internationale Zusammenarbeit?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Meine tägliche Arbeit ist es internationale wirtschaftliche Interessen und rechtliche Anforderungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Da wir in vielen Staaten Afrikas tätig sind und für Unternehmen aus der ganzen Welt arbeiten ist das globalisierte Denken verbunden mit einer täglichen international Kommunikation unumgänglich, aber dankbarer Weise auch möglich.

Das Internet, Zoom, WhatsApp und Google Cloud sind nur einige der unverzichtbaren Hilfen, um heute international zu agieren.

Josefine Antonia Schulte: Wie international sind die Anwälte in Deutschland sprachlich aufgestellt?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Meiner Erfahrung nach völlig unzulänglich. Abgesehen von einigen Anwaltskanzleien mit internationaler Anbindung gelingt nur wenigen Kanzleien der Blick über den lokalen Tellerrand.

Josefine Antonia Schulte: Wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach die Nachfrage nach internationalen Fällen und Mandanten?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Eine Nachfrage nach internationalen Mandanten ist bei uns 100 Prozent, alle Fälle sind international.

Josefine Antonia Schulte: Welche Art von Rechtsberatung ist bei Ihren internationalen Mandanten besonders gefragt?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Die Beratung in lokalen Besonderheiten, also die Abweichungen im afrikanischen Recht vom Europäischen, US-amerikanischen oder auch Scharia Recht. Darüber hinaus die Erläuterung von Gesetzen, die es vergleichbar in deren Ländern nicht gibt, wie beispielsweise das Black Economic Empowerment, dass die Rechte und Stellung der ehemalig in der Apartheid benachteiligten Bevölkerungsgruppen stärkt und schützt.

Josefine Antonia Schulte: Was halten Sie von einer Spezialisierung auf internationales Recht während des Hauptstudiums?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Für jeden, der gerne auch einmal außerhalb von Deutschland und der EU praktizieren möchte unbedingt. Das betrifft aber nur die generellen Rechtsgebiete wie das Maritim Recht, UN-Kaufrecht und das Recht verschiedener Interessengemeinschaften. Die Gesetze in den einzelnen 200 Ländern sind zu unterschiedlich, um sich generell auf alles vorzubereiten.

Wichtig erachte ich das Handwerkszeug des Rechts zu lernen, das Strukturieren von Vertragswerken sowie die Fähigkeit rechtliche Verhandlungen zu führen. Das wird meines Erachtens heutzutage in den Universitäten vernachlässigt.

Josefine Antonia Schulte: Wie sinnvoll ist aus Ihrer Erfahrung im Berufsleben die Entscheidung für eine juristische Laufbahn? Würden Sie es wieder wählen?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Jederzeit, ich liebe meinen Beruf, der sich aber klar vom traditionellen Anwaltsberuf in Deutschland unterscheidet.

Josefine Antonia Schulte: Wenn Sie Jurastudenten nur einen Rat geben könnten, welcher wäre das?

Josefine Antonia Schulte, Studentin Rechtswissenschaften aus Berlin Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Mein Rat ist es so viel wie möglich in der Praxis zu lernen. Die universitäre theoretische Ausbildung ist gut und wichtig aber ohne ein Gefühl für die Praxis, für Verhandlungen, Gestaltung von komplizierten Vertragswerken und der Entwicklung von gebietsübergreifenden Strategien besteht sonst wenig Aussicht auf einen erfüllten Beruf.

Josefine Antonia Schulte: Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, um Juristen aus aller Welt zusammenzubringen?

Rechtsanwalt Ralph M Ertner: Die, die es wollen sind bereits zusammen. Die die zu Hause hocken und denken es klopft bald jemand an, die müssen gezwungen werden ins Ausland zu gehen. Die Auslandsstation im Referendariat ist zu wenig.

Rechtsanwalt Ralph M. Ertner herzlichen Dank für die aussagekräftigen Antworten und dass er sich die Zeit für dieses Interview genommen hat. Besonders spannend fand ich seine Anmerkung, dass jeder sich selbst motivieren muss und nicht darauf gewartet werden kann, dass jemand anderes dies übernimmt. Dieses Verhalten habe ich oft bei meinen Kommilitonen aber auch mir selbst beobachtet und beruht wohl auf dem Grundsatz, dass Motivation mit der eigenen Energie zu tun hat. Also die Welt steht allen Jugendlichen offen, wir müssen nur die Chance erkennen und starten. Auch die kulturellen Aspekte und der Einblick in Herrn Ertners Arbeitsalltag und Leben in Südafrika sind beeindruckend. Der Tipp mit der Praxiserfahrung hat mir jeder oder jede Juristin aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen ans Herz gelegt, den sollten wir als zukünftige Juristen wohl befolgen!

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Über ABOWI:
Across Borders With Information – ABOWI, eine Interviewreihe von Josefine Schulte Jurastudentin aus Berlin in Deutschland. Fragen und Antworten: Eine Reise um die Welt, die Unterschiede und Vorurteile aufdeckt. Was bewegt die Anwälte dieser Erde, Josefine Schulte fragt sich von Aserbaidschan bis Zypern durch.

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